RE: Haus und Garten und Umgebung - 149

Auch bei uns im Radio wurde über die katastrophale Lage in der Eifel und in Eurer Gegend berichtet - das ist wirklich katarstrophal.

Bei uns regnet es auch andauernd und es wird wohl erst ab Samstag besser.
Im Moment fehlen nicht mehr viele cm, damit die grossen Seen wie der Vierwaldstättersee oder der Bielersee überlaufen. In Luzern wird damit gerechnet, dass einige wichtige Brücken gesperrt werden müssen. Und in Bern wurden an den kritischen Stellen schon am Samstag die nötigen Vorkehrungen getroffen.
Ich hoffe, es bleibt so.

Da ist die Lage im Westen von Deutschland viel - viel schlimmer. Die armen Leute!

Es gibt Situationen im Leben, da ist man psychisch so angespannt,
dass man stumm ist. Im Moment fällt es mir schwer, mich hier einzubringen.
Ich mache das jetzt auch nur, weil ich weiß, dass es hier viele mitfühlende Mitglieder und Gäste gibt.

Ich hatte heute Morgen einen Massagetermin, bzw. hätte einen gehabt.
Da ich die Praxis telefonisch nicht erreichen konnte, weil es an vielen Stellen keinen Strom gibt,
bin ich persönlich zu Fuß in die Stadt gegangen.

Viele Wege sind für Autos gesperrt.

Es ist das eine, sich Bilder im Fernsehen anzuschauen, das andere ist,
persönlich vor Ort zu sein.

Ich muss zugeben, was sich mir dort geboten hat, kann ich eigentlich gar nicht in Worte fassen.

Die Innenstadt existiert eigentlich nicht mehr.
Es gibt kein Geschäft, keine Bäckerei, Metzgerei, Bank, Optiker, Apotheke, Restaurant, Café die nicht betroffen wären.
Viele Straßen sind zwar inzwischen vom Schlamm befreit, aber in den Geschäften steht das Wasser.
Da schwimmen Kleidungsstücke, Lebensmittel, Blumen; von einer Metzgerei wurde die gesamte Theke nach außen gespühlt.
Das Krankenhaus wurde evakuiert. Da es keinen Strom gab, mussten die Kranken mit Liegen aus den Etagen, insgesamt 7 über die Treppenhäuser nach außen getragen werden.

Das Schlimmste ist der Geruch!
Über der gesamten Innenstadt riecht es nach Benzin, weil die Autos auslaufen.
Und dann diese Geräusche der Maschinen. Es hört sich alles unheimlich an.
Die Menschen, die versuchen, die Geschäfte und Wohnungen zu reinigen sehen komplett erschöpft aus.
Die wenigen Menschen, die umherlaufen haben leere Blicke oder man guckt sich mit Tränen in den Augen an.
Eine völlige Hilflosigkeit und Verzweiflung ist erkennbar.

Ich bin dann zu meiner ehemaligen Schule, die auch in der gesamten unteren Etage voller schlammigem Wasser steht. Sie lag irgendwie hilflos und verlassen da. Im Moment sind ja Ferien.

Auf dem Schulhof sind die metallenen Aussenzäune komplett eingedrückt, Mülltonnen treiben durch die Gegend.
Ich bin dann über die drei Schulhöfe gelaufen.
Es war fast unheimlich. Ich kam mir vor wie in dem Film The Day After.

Ich wollte schauen, wie es meinem ehemaligen Hausmeister geht, der nach wie vor einen großen Bungalow mit tollem Garten direkt an der Schule hat.

Man konnte nur ganz vorsichtig gehen. Der schlammige Boden war sehr rutschig und mehrmals bin ich fast hingefallen.

Plötzlich sah ich auf dem Boden, der an einigen Stellen abtrocknete, 2 Fische liegen, die noch zappelten.
Das war alles so surreal.

Ich habe dann in jede Hand einen Fisch genommen, sie zu einer Pfütze getragen und mit dem Kopf ins Wasser gehalten.
Natürlich haben sie wie wild gezappelt in ihrer Panik.

Ich wusste eigentlich gar nicht gemau, was ich machen sollte.

Gott sei Dank kam dann plötzlich Manni, der Hausmeister mit seinem Enkel.
Die Fische waren aus seinem Gartenteich und sie hatten schon einige in Wassereimern gerettet..

Ich habe dann die Fische zu einem vollen Wassereimer gebracht.
Dort trieben bereits zwei tote Tiere.

Manni sah irgendwie aus wie ferngesteuert, irgendwie geistig vollkommen abwesend.
Er sagte nur, dass sein Bungalow bis zur Decke voller Wasser stand und er jetzt nichts mehr besitze.

Wir haben uns dann nur in den Arm genommen und beide geweint.
Man ist so vollkommen hilflos.

Manni erzählte mir dann, dass das Wasser vorwiegend daher stammt, dass man die Talsperren hat überlaufen lassen. Seit Tagen war bekannt, dass das Wasser steigen würde. Man hätte längst Wasser ablassen können. Aber wahrscheinlich hat man die Situation unterschätzt.
So wurden jetzt zahlreiche Orte geflutet.

Manni und Marlene wurden Gott sei Dank abends rechtzeitig von ihren Kindern in Sicherheit gebracht.
Er sagt, das Wasser wäre so schnell gekommen, sie wären ohne Hilfe in ihren Betten ertrunken.

Das bestätigte mir auch der Nachbar neben der Schule.
Er sagte mir, dass natürlich auch der Fluss Inde über die Ufer getreten ist und die Straßen überflutet hat.
Aber das Hauptwasser sei genau von der anderen Seite gekommen. Und das Ganze so schnell, dass man nur noch das nackte Leben retten konnte.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, wieviele Einzelschicksale es gibt.

Hautnah mitbekommen wir im Moment das Schicksal der Schwiegereltern von Yvonne, die hier auf dem Hof lebt.
Sie wohnen in Stolberg im Erdgeschoss und ihre komplette Wohnung ist überflutet.
Inzwischen ist das Wasser abgelaufen und übrig ist der stinkende Schlamm.
Beide sind über 80 und schwer krebskrank. Die Schwiegermutter ist zusätzlich leicht dement.
Alle Erinnerungen sind den Fluten zum Opfer gefallen.
Die Wohnung besitzt keine Haustür mehr, sie wurde mitgerissen.
Die alten Menschen wollen die Wohnung nicht verlassen, weil sie Angst vor Plünderern haben.
Dabei gibt es gar nichts mehr zu plündern.
Der alte Herr sitzt nur da und weint und die Schwiegermutter hat einen Korb mit zwei Katzen auf dem Schoß und starrt vor sich hin.

Ich habe einige wenige Bilder gemacht.
Irgendwie kommt man sich entsetzlich vor, zu fotografieren.























Die Autos wurden in den Garagen zerstört,
weil die Wucht des Wassers die Garagentüren geöffnet hat.






Wir haben absolut Glück gehabt.
Der Garten ist zwar teilweise unter Wasser gewesen, aber das Wasser ist nicht ins Haus gekommen.

Uns trennen ganz wenige Meter Höhe.
Die Straße unterhalb des Hofes wurde sowohl von der Inde als auch vom Omerbach überspült und ist noch gesperrt.

Ach Gitta
das ist ganz schlimm, was Du da schreibst.

Ich kann mir gar nicht vorstellen wie es ist, sowas hautnah mitzuerleben mit all den Gerüchen und Bildern.

Ich hoffe, dass für die Schwiegereltern eine Lösung gefunden werden kann. Mit solchen Einzelschicksalen begreift man das Ausmass dieser Katastrophe erst.

Ich bin so froh, dass bei Dir und Bea alles noch trocken ist.

https://eifelwetter.de/posts/605